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Abenteuer Berg - Erlebe die Berge

Das vergessene Dorf: Schwarzenbergpark – Hameau – Schwarzenbergpark

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Der Wald hat viele Funktionen. Er dient der Artenvielfalt, der Klimaregulierung, der Holzwirtschaft und der Erholung. Der stadtnahe Wienerwald kann aber noch mehr. Er ist Konservator eines dicht aufgeladenen Kulturraumes, eine Art Freilichtmuseum, das immer offen steht. Die „Museumsrundgänge“ sind mit den roten, blauen, gelben und grünen Wegmarkierungen gekennzeichnet. Die „Museumsobjekte" sind oft verborgen und unsichtbar. Die hier angebotenen Wanderempfehlungen führen zu solchen Orten und informieren über Gebautes, Verfallenes und Geschehenes.

Das Hameau, am Höhenrücken zwischen Exelberg (516 m) und Dreimarkstein (454 m) gelegen, ist ein solcher Ort. Der kürzeste Weg dorthin ist der gelb markierte Wanderweg, der am Ende der Schwarzenbergallee beginnt. Ein gelber Wegweiser zeigt nach rechts, 30 Minuten sollte der Aufstieg dauern. Nach der Holzbrücke biegt der Weg in ein tief eingeschnittenes Seitental des Eckbaches ein. Anfangs noch mäßig steigend, führt die gelbe Markierung durch einen herrlichen Buchenhochwald mit tiefen Einblicken auf die gegenüberliegenden Steilhänge. Der Weg wird mit zunehmender Höhe steiler und schmäler, bis er schließlich auf eine kleine Wiese, das sogenannte Hameau (französischer Ausdruck für kleines Dorf, Rotte, Weiler), austritt. 

 

Hier befanden sich einst 17 Holzhütten, das sogenannte „Hollenderdörfel“, das Feldmarschall Franz Moritz Graf von Lacy (1725-1801) in den 1780er Jahren errichten ließ. Es war Bestandteil der sogenannte „Herrschaft Neuwaldegg“, heute als Schwarzenbergpark bekannt. Lacy ließ hier zwischen 1765 und 1795 einen der größten Landschaftsgärten in Österreich anlegen, der von Neuwaldegg bis auf die Anhöhen des Wienerwaldes reichte. Die komfortabel ausgestatteten und abgeschiedenen Holzhütten dienten ihm als beliebtes Refugium und seinen Jagdgesellschaften als Unterkunft.

Auf einer der Holzhütten war zu lesen:

O site de mon choix! Hameau, que je préfère;

Heureux, qui vit ici tranquille et solitaire!

(O Gegend meiner Wahl! O Dörfchen voller Frieden!

Glückselig, wer hier lebt, in Ruh’ und abgeschieden!)

 

Später entwickelte sich hier ein einfacher Gastbetrieb, der im Lauf der Zeit bis zu einem Kaffee-Restaurant mit großem Gastgarten und schöner Aussicht auf Wien erweitert wurde. Das Lokal ist 1956 abgebrannt und wurde nicht mehr aufgebaut. Heute erinnert noch ein als „Unterstandshütte“ genutztes altes Gebäude an diese Gastwirtschaft.

Das kleine künstliche Dorf gibt es heute nicht mehr. Geblieben sind lediglich eine Flurbezeichnung und verschüttete Natursteinfundamente der einstigen Hameuhütten. Auch die Huldigungen dieses Ortes durch die biedermeierlichen Reiseberichterstatter sind längst vergessen. Spaziergänger und Mountainbiker nützen jetzt die wenigen Bänke auf der kleinen Wiese zur kurzen Rast und die grünen Mistkübel sollen die Dosen der Energy-Drinks aufnehmen, die von den hetzenden Freizeitsportlern abfallen.

 

Einer, der nicht hetzt, sondern beobachtet und schreibt, ist der Singer-Songwriter Ernst Molden (*1967). Er blickt den Menschen und der sie umgebenden Natur bis auf den Herzgrund und gibt poetisch verdichtet wider, was die Seelen der Wiener und die Äste der Bäume bewegt. Dem einstigen Rückzugsort des Feldmarschalls Lacy hat er ein poetisch-musikalisches Denkmal gesetzt. Die Ballade „Hameau“ beschreibt nicht nur sehr einfühlsam diese Örtlichkeit und ihre Umgebung, sondern enthält auch eine philosophische Anleitung zum rechtzeitigen Innehalten im Leben. Eine tiefere Verbeugung kann man vor dem Hameu nicht machen. Der alte Feldmarschall wäre zufrieden gewesen und der bekannte Aufklärer Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), ein Verfechter des damals noch neuen englischen Gartenstils, hätte Molden in ergebener Melancholie sicher zugezwinkert.

 

Wer sich über das Hameau näher informieren möchte, sollte Zeitung lesen. Und zwar die Neue Freie Presse vom 23. Juli 1914. In dem Feuilleton „Spaziergang aufs Hameau“  erzählt die Schriftstellerin und Kunsthistorikerin Hermine Cloeter (1879-1970) sehr poetisch die Geschichte dieses besonderen Ortes im stadtnahen Wienerwald. Zum besseren Verständnis darf noch darauf hingewiesen werden, dass das Hameu seit 1. Jänner 1892 auf Wiener Gemeindegebiet liegt. Damals wurden mit der zweiten großen Stadterweiterung die an den Abhängen des Wienerwaldes gelegenen Vorortgemeinden nach Wien eingemeindet. Die Stadtgrenze wurde vom Gürtel auf die Höhen des Bergrückens Hameau – Dreimarkstein – Hermannskogel – Kahlenberg – Leopoldsberg gelegt und mit den heute noch gut sichtbaren quadratischen Grenzsteinen gekennzeichnet.

 

Das Hameau verlässt man nun westwärts in Richtung Exelberg (516 m) und Sophienalpe (477 m). Die nunmehr rote Markierung führt rechts an einem kleinen Teich vorbei, steigt kurz einige Meter an und benützt dann einen netten Waldweg, bis sie nach einem Kilometer wieder auf die parallel geführte Forststraße trifft. Von hier sind es nur wenige Minuten bis zur nächsten Wegkreuzung, dem Wegknotenpunkt Mittereck. Hier verlässt man die rote Markierung und beginnt, sowie es der gelbe Wegweiser vorschreibt, mit dem Abstieg Richtung „Schwarzenbergpark/Allee“. Nach gemächlichen 25 Minuten endet der Waldweg wieder im Schwarzenbergpark, beim Ausgangspunkt des „Spazierganges auf’s Hameau".

 

Wegtyp: Rundweg

Weglänge: 4,1 km

Wegzeit: 1 ¼ h

Markierungsfolge: gelb – rot - blau

 

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