ÖTK Klosterneuburg

Abenteuer Berg - Erlebe die Berge

Winterwandern wie damals: Mirli – Heinratsberg – Wienerwaldhof Rieger – Mirli

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Der Heinratsberg ist zwar nicht der höchste Berg des nördlichen Wienerwaldes. Mit seinen 513 m gehört er aber doch zu den „Dreitausendern“ zwischen Wienfluss und Donau. Seine Besteigung ist zu jeder Jahreszeit lohnend, am schönsten ist sie aber bei Pulverschnee und Sonnenschein. Darüber hinaus kann man diesen wunderschönen Spaziergang mit einer gepflegten Einkehrmöglichkeit verbinden.

 

Die kurze „Vormittags- oder Nachmittagspartie“ beginnt beim kleinen Parkplatz an der Landstraße (L2129) zwischen der Ortschaft Irenental und der Häusergruppe Rauchengern. Von hier zieht eine weite Wiesenfläche hinauf zum Hinteren Steinberg und zur fallweise geöffneten Gastwirtschaft Mirli. Neben dem Parkplatz quert die vom Buchberg/Wilhelmshöhe herüberführende rote Markierung die Landstraße. Die Bezeichnung Wilhelmshöhe geht auf die seit 100 Jahren geschlossene Gaststätte „Zur Wilhelmshöhe“ zurück. Die „Restauration“ wurde 1883 eröffnet und erfreute sich in der Pionierzeit des Wienerwaldtourismus großer Beliebtheit. Der „Restaurateur“ W.C. Vogt warb in den 1890er Jahren nicht nur mit guter Küche und herrlicher Aussicht, sondern auch mit dem nahen Heinratsberg und dessen Panorama, „wie man es so nahe bei Wien nicht wieder findet“. Und dann stand noch groß und fett gedruckt in der Annonce: „Wege sind weiss und roth markirt“. Und daran hat sich in den letzten 130 Jahren nichts geändert.

Und so kommt es, dass man nun den kleinen Parkplatz auf der zwischen den weitläufigen Wiesenflächen ansteigenden, rot markierten Forststraße verlässt. Die rote Markierung führt an der „Mirli“ vorbei auf den Heinratsberg und endet kurz danach in Strohzogl beim Wienerwaldhof Rieger. Am oberen Wiesenrand nahe der „Mirli“ trifft man aber auch auf einen blau markierten Weg. Er verbindet den Troppberg (542 m) mit Rekawinkel und kommt ebenfalls beim Wienerwaldhof Rieger vorbei, umgeht aber den Gipfel des Heinratsberges an seiner Südseite. Diese doppelte Wegführung bietet die Möglichkeit einer kleinen Rundwanderung.

Auf diese besondere Wegsituation wurde auch schon 1893 in Försters Touristenführer (S. 41 u. 42) eingegangen, ein schönes Beispiel für den langen Bestand des ÖTK-Wegenetzes mit seinen roten, blauen, gelben und grünen Wegmarkierungen.

oetk karte 1893

 

Die Gastwirtschaft Mirli, ein altes und niederes Gebäude mit der aufgemalten Jahreszahl 1792, verbreitet nostalgisches Flair. Die Wiese mit den alten Obstbäumen und das weitläufige Kleintiergehege mit Ziege, Schaf und Esel verstärken diesen Eindruck. Der Wanderer muss sich hier bei den gelben Wegweisern zwischen rot und blau entscheiden. Sportlich ambitionierte „Bergsteiger“ wählen für den Hinweg den rot markierten Weg und kommen dann auf der leicht fallenden, blauen Markierung wieder zurück. Der schmale Steig führt recht zügig am „Westgrat“ des Heinratsberges hinauf. In der ersten steilen Etappe durchwandert man einen Jungwald, dann folgt eine ebene Wegpassage mit einer herrlichen Fernsicht Richtung Süden, nach Hochroterd und Umgebung. Dieser Weitblick in den südlichen Wienerwald ist aber nur möglich, weil hier eine größere Waldfläche gerodet wurde, die aber bald wieder nachwachsen wird. Dann steigt der Weg am schmalen Höhenrücken des Heinratsberges wieder deutlich an und erreicht kurz darauf den 513 m hohen Gipfel. Linker Hand befindet sich die Kernzone „Troppberg“ des Biosphärenparks Wienerwald, ein absolutes Naturschutzgebiet, rechter Hand ein lichter Hochwald, der an klaren Wintertagen die Durchsicht auf die gegenüberliegenden verschneiten Wiesenflächen erlaubt. 

Der heute eher wenig bekannte Berg zählte aber am Anfang des 20. Jahrhunderts zu den ganz beliebten Ausflugszielen in dieser Region. Man konnte ihn mit der Kaiserin Elisabeth-Bahn (heute Westbahn) von den Stationen Unter-Tullnerbach und Tullnerbach-Pressbaum zu Fuß leicht erreichen. Eine Vielzahl von Wandervereinen boten damals jahrzehntelang geführte Wanderungen im Wienerwald an, deren Ziel auch oft der Heinratsberg (früher auch Heinrichsberg oder Strohzogl) war. Die Gaststätte „Zur Wilhelmshöhe“, die nach dem Ersten Weltkrieg geschlossen wurde, und die markierten Wanderwege des ÖTK hatten diesen Zulauf sicher verstärkt.

Über eine sehr interessante Winterwanderung auf den Heinratsberg (Strohzogl) berichtete die Neue Freie Presse am 4. Februar 1886 unter dem Titel „Wienerwald“. Damals veranstaltete die ÖTK-Sektion Wienerwald einen Nachmittagsausflug vom „Preßbaumer Bahnhof“ hinauf zur Wilhelmshöhe. 50 Teilnehmer, darunter „mehrere Damen“, erfreuten sich „am prächtigen Winterbild“, denn die „waldigen Bergrücken im weiten Umkreise waren wie mit weißem Blüthenstaube bedeckt“ und „die Wiesen boten die prächtigsten Schneeflächen“. Der sehr blumige Journalismus war notwendig, um die damals  noch fehlenden Bilder in den Zeitungen zu ersetzen. „Ein Theil der Gesellschaft besuchte noch den nahen Strohzogl“ und kehrte dann wieder zur Wilhelmshöhe zurück. Das „veritable Kränzchen“ dauerte bis 20.00 Uhr, bis schließlich „beim Scheine von Laternen und Lampions, welche den Wald magisch beleuchteten, der Rückweg nach Preßbaum angetreten wurde“. Die 50-köpfige Wanderrunde war hochrangig besetzt. Ausdrücklich erwähnt wurden der Präsident des ÖTK, Silberhuber, und der Vorstand der ÖTK-Sektion Wienerwald, Professor Schrötter. Leopold Schrötter, Ritter von Kristelli, (1837-1908) war ein international geachteter, österreichischer Arzt und Sozialmediziner. Er gründete die erste laryngologische Klinik der Welt und die Lungenheilanstalt Alland. Anton Silberhuber (1839-1899), der seine berufliche Laufbahn im Militärgeographischen Institut begonnen hatte, war von 1881 bis 1891 höchst erfolgreicher Präsident des Österreichischen Touristenklubs. Zu seinen ersten Taten zählte 1882 die Herausgabe der „Touristen-Karte des Wienerwaldes von A. Silberhuber“, der noch weitere Ausgaben folgten. Die Wanderkarte im Maßstab 1:80.000 enthielt erstmals alle bis dahin markierten Wanderwege dieser Region. Nach seiner ÖTK-Präsidentschaft wurde er Kurdirektor der Kuranstalten der Südbahngesellschaft in Abbazia (Opatija). Um den Personenverkehr anzukurbeln, investierte die Eisenbahn in die Entwicklung von Fremdenverkehrsorten. Das Konzept ging auf. Abbazia wurde zu einem mondänen Winterkurort, beworben von ärztlichen Größen wie Theodor Billroth (1829-1894) und Leopold Schrötter (1837-1908).

Doch wieder zurück auf den Wanderweg. Vom schmalen Gipfel des Heinratsberges – der wirkliche Gipfel liegt 50 m nördlich des Weges – erreicht man in 5 Minuten den Wienerwaldhof Rieger. Das großzügig ausgebaute Restaurant und Hotel ist das gastronomische Aushängeschild der Region. Es ist sowohl auf Wientouristen, als auch auf Wienerwaldwanderer eingestellt und sorgt sehr ambitioniert für das leibliche Wohl seiner Gäste. Die aussichtsreiche Wiesenlandschaft rund um die Hotelanlage trägt die geografische Bezeichnung Strohzogl. Hier befindet sich auch der Wendepunkt des kleinen Winterspaziergangs. Beim Wegknotenpunkt oberhalb des Gastgartens treffen fünf markierte Wanderwege aufeinander. Der blau markierte Weg führt in der einen Richtung zum Troppberg (542 m), in der anderen Richtung wieder zurück zur Mirli. Zuerst am oberen Wiesenrand entlang, dann abwärts durch den Wald erreicht der Weg wieder die Sonnseite des Heinratsberges. Abermals vorbei an Ziege, Schaf und Esel ist man in 5 Minuten wieder beim Ausgangspunkt.

 

Siehe auch die Wanderempfehlung Villen, Wiesen, Wälder, Weitsicht

 

Wegtyp: Rundweg

Weglänge: 3 km

Wegzeit: 1 h

Markierungsfolge: rot – blau - rot

winterwandernwiedamals

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