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Die Architektenrunde: Dornbach – Jubiläumswarte - Steinhof

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Der Weg von Dornbach nach Steinhof ist nicht nur ein Weg durch die Ottakringer Wälder, sondern auch ein faszinierender Spaziergang durch die Wiener Architekturgeschichte an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert. Die Wegzeit wird von der Weglänge bestimmt, die Ausflugszeit von der Interessenslage.

 

Ausgangspunkt der kleinen Wanderung ist die Haltestelle „Dornbacher Straße“ der Straßenbahnlinie 43. Hier beginnt die rote Markierung auf die Kreuzeichenwiese. Sie führt zuerst durch die Dornbacher Straße an der Dornbacher Kirche vorbei und biegt dann nach links in die Andergasse ein. Die Geschichte der Kirche reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Mehrmalige Zerstörungen und Umbauten haben ihr Erscheinungsbild verändert und geprägt. Ihr heutiges, kubisches Aussehen verdankt sie dem bekannten Architekten Clemens Holzmeister (1886-1983), der 1931/32 an die alte kleine Pfarrkirche einen südlichen Erweiterungsbau im rechten Winkel anfügte und so die Kirchenachse um 90 Grad drehte. Das Gesamtwerk des aus Tirol stammenden Architekten umfasst rund 700 Werke, darunter auch die 1967 gebaute Leopold-Figl-Warte am Tulbinger Kogel im Wiener Wald.

In der Andergasse findet man eine Reihe schöner Villen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, einst vom wohlhabenden Bürgern als Sommersitze bewohnt. Bei der Hausnummer 8 trifft man auf ein besonders bemerkenswertes Gebäude, die sogenannte Bärenvilla, in der der Architekt Friedrich Schmidt (1825 – 1891) wohnte. Das 1860 erbaute Weinhauerhaus wurde von Friedrich Schmidt erworben und umgebaut. Es ist nach einem im Hof aufgestellten Tierskulpturmodell von Bildhauer Otto Jarl (1856-1915), dem Schwiegersohn des Architekten, benannt. Schmidt war der bedeutendste Kirchenbauarchitekt der Donaumonarchie und Dombaumeister des Wiener Stephansdoms. Sein Fachgebiet war die gotische Formensprache. Sein größtes und bedeutendstes Werk in Wien ist das Wiener Rathaus (1872 – 1883), ein im neugotischen Stil errichteter Profanbau. In Klosterneuburg hat Schmidt die Stiftskirche renoviert und ihr so ihr heutiges Aussehen verliehen.

 Die rote Markierung folgt nun immer sanft steigend der Andergasse, Kretschekgasse und Rötgengasse und führt direkt in das Zentrum der Heubergssiedlung und in die Siedlerbewegung der frühen 1920er Jahre. Ausgelöst durch den Nahrungsmittel- und Brennstoffmangel, durch illegale Rodungen im stadtnahen Wienerwald (Wolfersberg) und durch die illegale Inbesitznahme von Grund und Boden, formierten sich Anfang der 1920er Jahre zahlreiche Selbsthilfeorganisationen, die schließlich auch von der Gemeinde Wien gefördert wurden. Aus der Bewegung der „wilden Siedler“ war eine von der Gemeinde Wien anerkannte Siedlerbewegung geworden, die auf der Grundlage von Genossenschaften, freiwilligen Arbeitsleistungen, gemeinschaftlicher Infrastruktur und Selbstverwaltung basierte. Der international anerkannte Architekt Adolf Loos unterstütze diese Bewegung mit dem von ihm geleiteten Siedlungsamt. 1921 betraute die Gemeinde Wien Adolf Loos (1870-1933) und Hugo Mayer (1883-1930) mit der Planung der Heuberg-Siedlung. Die Anlage wurde nach sozialen Gesichtspunkten errichtet, d.h. die zweigeschossigen Wohnhäuser wurden kostensparend in Reihenbauweise angelegt („Haus mit einer Mauer“) und mit Presskiesdächern und Holzschindelverkleidung versehen. Die angeschlossenen Nutzgärten sollten die Versorgung der Bewohner mit Nahrungsmitteln gewährleisten. Das Originalerscheinungsbild der Häuser ist heute allerdings durch zahlreiche Umbauten stark verändert.

Von der Röntgengasse biegt die rote Markierung nun in die Schrammelgasse ein. Gegenüber der Hausnummer 28 verlässt man die asphaltierten Siedlungsgassen und wandert nun am unteren Rand der Kleingartenanlage „Ferdinand Hanusch“ bis zum Waldrand des Heuberges. Ab hier geht es durch den Buchenhochwald zügig bergauf, an einer gemauerten alten Quellfassung vorbei, bis zum Wegknotenpunkt Kreuzeichenwiese, wo sich sieben markierte und einige unmarkierte Wanderwege kreuzen. Die Kreuzeichenwiese ist eine beliebte Ausflugswiese im Einzugsbereich von Ottakring. Hier folgt man dem gelben Wegweiser, der Richtung Jubiläumswarte zeigt und wandert nun der gelben Markierung folgend – die hier auch von einer grünen Markierung begleitet wird – über die Kreuzeichenwiese bis zur unübersehbaren, sich in den Himmel schraubenden Jubiläumswarte, dem höchsten Punkt dieser Wanderung.

 

Aussichtswarten sind Bauwerke an ganz besonderen Landschaftspunkten. Sie bieten nicht nur von ihren Plattformen den Blick nach unten und in die Ferne, diese Türme sind auch ein Blickfang für den Betrachter am Boden. Diese besondere Funktion führte oft dazu, dass man solche Bauwerke nicht nur als reine Zweckbauten verstand, sondern mit einer besonderen architektonischen Note versah. Bestes Beispiel dafür ist die Habsburgwarte am Hermannskogel (542 m). Jede Architekturepoche hat ihre eigene Formensprache. Das gilt auch für die 1950er und 1960er Jahre. Die Jubiläumswarte in Ottakring wurde 1956 eröffnet und ist bereits die dritte Aussichtswarte an diesem Standort. Ihren Namen leitet sie von der alten „Kaiser-Jubiläumswarte“ ab, die 1898 anlässlich des 50jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef I. (1830-1916) hier eröffnet wurde. Sie reiht sich damit in eine ganze Reihe von Aussichtswarten im Osten Österreichs ein, die diesen Namen tragen. Die 32,5 m hohe Warte wurde von Architekt Karl Högler (*1912) des Wiener Stadtbauamtes geplant. Sie besteht im Wesentlichen aus einem runden Stahlbetonschaft mit außenliegender, rechts gewendelter Treppe, zwölf halbkreisförmigen Zwischenpodesten und einer kreisrunden Aussichtsplattform in einer beachtlichen Höhe von 31,2 m. Diese außergewöhnliche Turmhöhe ist Garant dafür, dass der obenstehende Betrachter über den Buchenhochwald hinwegblicken kann, was bei vielen anderen Aussichtswarten leider nicht immer der Fall ist. Diesen Aussichtswartentypus, mit mittigem Stahlbetonrohr und außen liegender Wendeltreppe, findet man auch bei der bereits erwähnten und 1967 eröffneten Leopold-Figl-Warte am Tulbinger Kogel (494 m). Eine sehr ähnliche Konstruktion gab es auch bei der 1962 eröffneten und 1995 wieder abgetragenen Troppbergwarte, die durch eine Sendemastkonstruktion ersetzt wurde. Letzten Endes folgt auch der größte Aussichtsturm Österreichs, der Donauturm, diesem Konstruktionsschema, allerdings mit dem Unterschied, dass die Treppe (Lift) im Inneren des runden Stahlbetonrohres liegt.

 

Die gelbe Markierung führt nun von der Jubiläumswarte auf einem breiten Waldweg abwärts zum Parkplatz am Gallitzinberg. Auf der angrenzenden Lagerwiese befand sich einst ein Steinbruch. Der gelb markierte Weg quert hier die Johann-Staud-Straße, führt am Parkplatz vorbei und erreicht kurz darauf Steinhof. Neben dem Toreingang zu den Steinhofgründen blickt einem stolz und wehrhaft das rote Gebäude der Feuerwache Am Steinhof entgegen.

 

Das Gebäude in der Johann-Staud-Straße 75 ist ein echter Blickfang. Der große Dachkörper und die beidseits hochgezogenen Sendemasten verleihen dem Gebäude eine kulissenartige Erscheinung. Es weist alle Attribute einer Prospektarchitektur auf, wobei die Funktionen des Gebäudes stilistisch sehr betont werden. Besonders hervorstechend ist der risalitartige Vorbau mit den drei großen Garagentoren und den darüber liegenden Okulifenstern. Diese kreisrunde Fensterform und die sehr wirkungsvoll eingesetzte rote Klinkerverkleidung sind architektonische Stilmittel, die für die 1920er und 1930er Jahre typisch sind. Man findet diese Formensprache auch sehr häufig bei den Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit. Gebaut wurde die Feuerwache in der Ära des Roten Wien, in den Jahren 1929/30. Architekt war der Vorstand der Architekturabteilung des Wiener Stadtbauamtes, Josef Bittner (1879-1945). Er war in dieser Funktion für die kommunale Bautätigkeit der 1920er Jahre in Wien künstlerisch richtungsweisend. Von ihm stammen auch die Feuerwachen in Speising, Grinzing, Neustift am Walde, Kahlenbergerdorf und Floridsdorf/Am Spitz, die alle durch eine charakteristische Architektur bestechen. Keine dieser Wachen verfügt jedoch über einen derart pompösen Baukörper, wie die Feuerwache am Steinhof. Vielleicht kokettierte Josef Bittner bei der Baukörper- und Fassadengliederung ein wenig mit der in unmittelbarer Nachbarschaft thronenden Kirche Am Steinhof? Dem Zeitgeist des Roten Wien würde es entsprechen.

Hier, bei der Kreuzung Johann-Staud-Straße/Savoyenstraße, endet die gelbe Markierung und somit auch die beschriebene Wanderempfehlung. Hier befinden sich auch die Bushaltestellen der Linien 46A und 46B. Wenn aber noch Kraft, Zeit und Interesse im ausreichenden Maße vorhanden sind, sollte man sich unbedingt die Kirche am Steinhof ansehen und dann mühelos die Johann-Staud-Straße hinunter nach Ottakring wandern.

 

Siehe auch die Wanderempfehlung Schleier, Fürst und Konstabler und Wien von oben

 

Wegtyp: Einwegstrecke (mit Erweiterungsmöglichkeit)

Weglänge: 5,2 km (9,5 km)

Wegzeit: 1 ½ h (3 h)

Markierungsfolge: rot – gelb 

 

 

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